Overlap :

Was versteht man bei einem Rutenblank unter dem Begriff Overlap ?

Der Begriff Overlap kann aus dem Englischen als "Überschneidung" bzw. "Überlappung" übersetzt werden. In der deutschen Literatur wird der Overlap auch Sprungpunkt oder Grat genannt.

Der Overlap entsteht bei der Herstellung eines Blanks, indem der Zuschnitt einer Fasermatte um den konischen Kern gewickelt wird. Durch dieses Herstellungsverfahren erhält man den hohlen konischen Rutenblank.

Betrachtet man den Blank im Querschnitt, so hat die Fasermatte innen einen Anfang und außen ein Ende. Da Anfang und Ende der Wicklung meist nicht exakt aufeinandertreffen, ergeben sich unterschiedliche Wandstärken.

Biegt man nun diesen Blank über die unterschiedlichen Querschnitte, so stellt man fest, dass die Steifigkeit ebenfalls unterschiedlich ist.

Dies lässt sich auch rechnerisch beweisen, wie das folgende Beispiel zeigen soll.
Das Flächenträgheitsmoment (I) 2. Grades für ein Rohr berechnet sich nach folgender Formel :

 

Beispiel :
Annahme : eine Lage hat eine Dicke von 0,1mm.
Innendurchmesser  Di    = 4,0 mm (Annahme Di = konstant)
Außendurchmesser Do1 = 4,9 mm (9 Lagen = 4 + 5)
Außendurchmesser Do2 = 5,0 mm (10 Lagen = 5 + 5)

Ergebnis :
Flächenträgheitsmoment I (für Do1=4,9mm) = 9064 mm^4
Flächenträgheitsmoment I (für Do2=5,0mm) = 11315 mm^4

 

Wie die Berechnung deutlich zeigt, ist der Wert für das Flächenträgheitsmoment mit 9 Lagen um ca. 20% niedriger.

Bisher wurde der Overlap von Hand bestimmt, indem der Blank unter Belastung (Biegung) auf einer ebenen Unterlage gedreht wurde. Der Blank "sprang" dabei an einer Stelle weiter. Dies war der sogenannte Overlap.

Da diese Methode sehr ungenau ist, wurde von mir eine Prüfeinrichtung für die Firma RST entwickelt, um den Overlap genauer zu bestimmen. Das Ergebnis war verblüffend, es gibt an einem Rutenblank sogar zwei unterschiedlich stark ausgeprägte Overlaps.

Mit der herkömmlichen Methode liegt man deutlich neben dem tatsächlichen ausgeprägten Overlap. Dies zeigen auch Untersuchungen an unterschiedlichen Rutentypen verschiedener Hersteller.

Das Ergebnis lässt sich im folgenden Diagramm darstellen :

 

  

Warum ist die genaue Bestimmung überhaupt erforderlich ?

Beim Werfen müssen die Ringe genau auf der biegesteifsten oder biegeweichsten Seite des Blanks angebracht werden damit die Schnur exakt auf einer geraden Linie fliegt. Würden die Ringe seitlich des Overlaps angebracht werden, so würde die Rute beim Werfen zur biegeweichsten Seite hin ausbrechen und die Rutenspitze beim Wurf einen Kreisbogen beschreiben. Diese Kreisbewegung hätte eine unruhige Leinenführung zur Folge, was sich auf die Präzision der Präsentation und die Wurfdistanz deutlich auswirken würde.

Ob die Ringe nun auf dem Overlap oder gegenüber angebracht werden, muß der Rutenbauer letztlich selber entscheiden. Möchte er eine steifere Rute beim Drill und beim Abheben der Schnur vom Wasser werden die Ringe gegenüber dem Overlap angebracht oder möchte er eine steifere Rute beim Vorschwung, dann wird der Blank auf dem Overlap beringt.

 

Beringung :
Nachdem nun der Zusammenhang zwischen Overlap und Steifigkeit bekannt ist, wird sicher auch verständlich, dass die Ringabstände je nach Biegekurve unterschiedlich sein müssen.

Bisher wurden die Ringabstände ermittelt, indem die Ringe unter statischer Belastung der Rute so lange auf dem Blank verschoben wurden, bis Einfallswinkel und Ausfallswinkel der Schnur gleich waren.

 

 

Die so ermittelten Abstände entsprechen jedoch nur annähernd den optimalen Abständen, da sich Rute und Schnur beim Werfen, d.h. bei dynamischer Beanspruchung, anders verhalten.

Da beim Werfen Massen beschleunigt werden, verhält sich jede Rute je nach Steifigkeit, unterschiedlich. Zum Beispiel wiegt ein SIC-Ring 5 mal so viel wie ein Schlangenring. Außerdem ist Blank nicht gleich Blank, denn wie überall gibt es auch hier Fertigungstoleranzen.

Mit modernen Computerprogrammen ist es möglich, die Ringabstände individuell für jeden Blank zu berechnen, um ein Optimum zu finden.

 

Dabei werden z.B. folgende Parameter berücksichtigt :

         - Länge der Rute
        
- Art der Rute (Fliege,Spinn ...)
        
- Schnurklasse, Wurfgewicht
        
- Länge der Überschubverbindungen
        
- Elastizitätsmodul (Steifigkeit)
        
- Durchmesser und Wandstärke
        
- Blankgewicht
        
- Ringtyp (SIC, Schlange ..)
        
- etc.

Aus diesen Gründen kann die Beringung einer Rute nach Tabellen nur ein grobes Schema sein.

 

Moderne Faserverbundwerkstoffe im Angelrutenbau

Hierzu habe ich eine Veröffentlichung geschrieben, Diese beschreibt auf 33 Seiten die verschiedenen Fasermaterialien (Aramid, Glas, Kohle), Festigkeiten, Modulis, Matrixsysteme, Legetechniken usw. Gegen einen kleinen Betrag sende ich diesen ausgedruckt gerne zu.  

 

NEU :

Hier ein Ringberechnungsprogramm von "Casting Aktuell" zur Berechnung von Ringabständen, Ringgrößen und Ringhöhen für Spinn- und Fliegenruten. Download : Ringberechnung.exe

Tipp : 

Bei der Ringhöhenberechnung (+durchmesser) sind die Werte meist sehr hoch, denn die Berechnung kommt aus dem Castingbereich. Klar, wenn man das Bild anschaut, dann gibt es nur eins: will die Schnur in gerader Linie heraus, so müssen die Ringe hoch sein (gerade bei den heutigen Fußlängen der Stationärrollen). Aber solche Ringe kann man nicht kaufen. Deshalb gelten folgende Einstellhinweise: 

-Zugabe zur Länge auf 20% setzen somit wird die gesamte Weite der Ringe nach oben beeinflusst (bes. Spitzenring)

-Zugabe Spulendurchmesser auf 1% setzen das verringert den Durchmesser aller Ringe (bes. Leitring)

-Abstand Spulenmitte bis Rutenachsmitte auf 4 cm setzen das setzt alle Ringe tiefer

Man sollte in jedem Fall mit diesen Werten einmal experimentieren. Dann kommt man auch zu Angaben/Ringen, die im Handel erhältlich sind. Da macht ja schon ein 40er Innendurchmesser Probleme.

 

Und hier die englische Version : Rod Constructing (distances, diameters, heights of guides)
Download : guide_calculation.exe

 

 

Die Alternative zu Korkgriffen ?

Ein kreativer Fliegenfischer stellt seine Idee vor, hier sein Bericht:

Ich wollte herausfinden, ob es eine sinnvolle und ausgefallene Alternative zu Kork gibt und das scheint so.

1. Das Problem mit Kork ist ja, dass es immer weniger davon gibt (die Leute sollten mehr Wein aus Tetrapacks trinken - aber erklär das mal Siebeck oder Witzigmann  ;-).

2. Selbst der allerfeinste Kork fängt irgendwann an zu bröckeln und wird hässlich.

3. Auch die teuersten Ruten unterscheiden sich im Griff kaum von der Billigrute von der Stange.

Die beiden hier abgebildeten Griffe sind Prototypen. Auf die Idee  bin ich durch einen alten Birkenrinden - Messergriff aus Lappland gekommen. Der ursprüngliche Griff aus Holz ging kaputt und wurde vor ca. 65 Jahren behelfsweise durch Birkenrinde ersetzt. Das Messer ist seither unverändert im Einsatz! 

Aber Messergriffe sind technisch gesehen kaum mit Rutengriffen vergleichbar. Nach langem suchen in der Rutenbauerszene habe ich in Europa weniger als eine Handvoll Leute gefunden, die was ernstzunehmendes vorzuweisen hatten. Allerdings haben mich die Techniken, insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden Haltbarkeit des Verbundes nicht so richtig überzeugt. Also habe ich möglichst viel Wissen über Birkenrinde angehäuft und etwa ein Dreivierteljahr herumprobiert. Verschiedene Rindensorten und - Zustände, Variation der Textur bzw. des Gesamtbildes, Leim- und Klebetechniken, bohren, fräsen, drechseln, schleifen und schließlich: Oberflächenveredelung. Bei letzterem gibt es unzählige Möglichkeiten, die primär optische Effekte haben. Die Haltbarkeit lässt sich dadurch meines Erachtens kaum noch wesentlich steigern – so alt werden selbst Angler nicht… (Voraussetzung ist natürlich eine fachgerechte Verarbeitung aber dazu komme ich noch)

Rindengriffe sind minimal schwerer als Kork. Das scheint vorteilhaft zu sein, denn beide Ruten sind hervorragend ausbalanciert. Birkenrinde ist enorm haltbar und lässt sich auch mit allen möglichen Materialien verbinden, die etwa in Form von Ziereinlagen oder als oberer/ unterer Abschluss verarbeitet werden können.

Bei den beiden Prototypen habe ich bewusst auf die Verwendung zusätzlicher Materialien verzichtet, weil ich die Haltbarkeit insbesondere des Verbundes testen will, gerade an schwierigen Stellen wie den unterschiedlichen Verjüngungen an den Enden. Bei der Spinnrute habe ich aus diesem Grund auch verschiedene Rindensorten verarbeitet. Beide Ruten werden sehr intensiv und häufig besonders im Salzwasser gefischt, auch im Winter.

Der ‚Langzeitversuch’ ist zwar noch längst nicht abgeschlossen, aber einiges ist natürlich schon deutlich geworden:

Wie bei jeder anderen Handwerkstechnik erfordert die Auswahl und Vorbereitung von geeigneter Rinde sowie die Verarbeitung neben handwerklichem Geschick vor allem Erfahrung. Vor allem die Bearbeitung mit spanenden Werkzeugen ist nicht so einfach wie bei Kork, da Birkenrinde aufgrund ihrer Faserstruktur völlig anders reagiert. Umfängliches Wissen über das Material ist von Vorteil. Auch logisch. Trotzdem war ich überrascht, wie groß die Unterschiede zwischen den verschiedenen Rindensorten sind, obwohl sie sich äußerlich kaum unterscheiden. Dass heißt: die Qualität und Haltbarkeit des Griffes wird neben der Verarbeitung ganz wesentlich durch die Materialauswahl bestimmt.

Im Handling kann ich gegenüber Kork bisher nur Vorteile erkennen, optisch ist das meines Erachtens sowieso keine Frage, oder? (Die ‚unruhige’ Maserung auf den Fotos entspricht nicht ganz der Realität) Man kann aber mit entsprechender Oberflächenbehandlung die Textur auch etwas 'dimmen', oder sogar noch wilder machen. Und dann sind da noch die Möglichkeiten, verschiedene Materialien zu kombinieren, da ähnelt es dann wieder den Messergriffen. Mit Kork geht das nicht.

Das "Wärmefeeling" ist 1A, genau wie bei Kork Mit dem Unterschied, dass sich die Rindengriffe im Griffgefühl an Samt erinnern. Sie sind enorm rutschfest, jedoch etwas fester als Kork. Der Hit: Birkenrinde enthält verschiedene pflegende und heilende Inhaltsstoffe, z.B. Betulin, das bakterienhemmend und wundheilend wirkt, außerdem ätherische Öle, die pflegende Wirkung haben: Wer sagt, dass fischen nicht auch schön machen kann?!

Nach meiner bisherigen Erfahrung ist die Reinigung kein Problem. Eher sogar einfacher als bei Kork. Ich hatte in Norwegen den Griff der Fliegenrute voller angetrocknetem Blut, was ich wegen eines längeren Schwätzchens am Feuer (über sehr, sehr wichtige Dinge ;-) erst nicht gemerkt habe. Es ging ohne Probleme einfach mit der nassen Hand ab.

Ich bin gespannt, wie sich die Sache in der nächsten Meerforellen-Saison verhält. Da wird besonders die Spinnrute sehr hart rangenommen. (Zumindest von mir. Ob auch dicke Seatrouts an dem Test teilnehmen, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest…)

Wenn hierzu Fragen sind, kann ich gerne den Kontakt herstellen.

 

 

 


© by Michael Straubing
2002-2006

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